Landesregierung unterliegt in Streit um Nachtangelverbot

Angler zur Nachtzeit dürften künftig auch zum Bild des Bodensees gehören. Das in Deutschland einmalige und über 100 Jahre alte Nachtangelverbot steht nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor dem Aus. Wenn es nach den Stuttgarter Richterinnen geht, wenigstens für die sechs klagenden Angler, den Präsidenten und die Vizepräsidenten des Landesfischereiverbandes sowie den Vorsitzenden des württembergischen Anglervereins. In Folge des Urteils kündigte das Ministerium für Ländlichen Raum jedoch inzwischen an, die Fischereiverordnung entsprechend anzupassen. Der Weg wäre damit vorläufig frei für alle Angler, auch nachts die Rute auswerfen zu dürfen.

Eine längst überfällige Entscheidung, meint der fischereipolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion und Wahlkreisabgeordnete für Singen, Bernhard Eisenhut. „Erst in der vergangenen Legislaturperiode ist die Abschaffung des Nachtangelverbots am Widerstand von Grünen und CDU gescheitert. Jetzt haben wir schwarz auf weiß, dass die bisherige Praxis rechtswidrig war und ist. Die Angler in Baden-Württemberg wurden nicht weniger als in ihren Grundrechten eingeschränkt. Und das rein aus ideologischen Gründen.“

Das habe sich auch anhand der, laut Eisenhut, teils hanebüchenen Argumente der Vertreterinnen des Ministeriums gezeigt. Warum sich Angler negativ auf den Naturschutz, insbesondere die Ruhezeiten für Vögel, auswirken würden, es aber gleichzeitig kein Verbot des Schwimmens, Feierns oder Joggens zur Nachtzeit gebe, konnte das Ministerium nicht erklären. Angler dürften für weit weniger Unruhe in der Natur sorgen als dies andere Nutzer tun, befindet der Abgeordnete. „Sie sind Naturschützer und haben ein hohes Umweltbewusstsein, weshalb sie auch die notwendige Rücksicht wahren.“

Einsicht zeigte das Ministerium hingegen bei der Frage, ob ein waidgerechtes Angeln, insbesondere hinsichtlich des Tierschutzaspekts, auch nachts durchführbar sei. Durch die Nutzung von Stirnlampen oder ähnlichen Beleuchtungen gebe es hier keine Einschränkungen, waren sich die Beteiligten einig. Widerspruch der Angler erntete wiederum die Behauptung, die Aufhebung des Nachtangelverbots würde zu vermehrter Fischwilderei führen. Das Gegenteil sei der Fall, erklärten die Kläger. Erst wenn Angeln legal sei, würden auch regelmäßig Kontrollen zur Fischereiberechtigung durchgeführt. Das Nachtangelverbot fördere gar das Schwarzangeln. Würden die Angelscheinbesitzer nicht angeln, gebe es für Schwarzfischer ein geringeres Risiko erwischt zu werden.

Eisenhut und seine Fraktion legten noch am Tag des Urteils einen Gesetzentwurf zur Änderung des Fischereigesetzes vor. Daran änderte auch die Ankündigung des Ministeriums nichts. „Eine Gesetzesänderung ist weiter notwendig, um der Landesregierung auch für die Zukunft die Ermächtigungsgrundlage zu entziehen, auch anders gestaltete Nachtangelverbote zu erlassen. Sollte sie

behaupten wollen, dass sie das nicht vorhat, ist der entsprechende Paragraph aus Gründen der Entbürokratisierung erst recht zu streichen.“, erklärt Eisenhut. „Und wir werden im Rahmen dieser Debatte natürlich auch darüber sprechen müssen, dass die Regierung ohne sachliche Gründe die Grundrechte von Bürgern eingeschränkt hat. Nur, weil ein Koalitionspartner und einige Verbände das so wollten. Dass die Kläger erfolgreich waren, ist sehr erfreulich; und dazu gratuliere ich Ihnen. Dass Bürger erst gegen solch offensichtlich unsinnige Regelungen klagen müssen, ist hingegen mehr als bedenklich und eigentlich ein Skandal.“

Von T. M.

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